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Statue des Per-her-nofret

Wollte sich Per-her-nofret, als er um 2400 vor Christus seine hölzerne Grabstatue in Auftrag gab, stehend oder schreitend darstellen lassen? Dynamik und Ruhe halten sich in der schlanken Figur die Waage, eine wirkliche Bewegung ist nicht erkennbar, und doch steht die Figur unter Spannung. Die Schultern sind wie nach einem tiefen Einatmen angehoben, die muskulösen Arme enden in geballten Fäusten, die eine durch kurze Stäbe angedeutete Last zu tragen bereit sind, und Oberkörper und Kopf drehen sich aus der reinen Frontale.

Die funktionale Aufgabe dieses Statuentypus ist es, die stete Bereitschaft zu Aktion und Bewegung darzustellen. Um diese virtuelle Bewegung sichtbar werden zu lassen, setzt sich der Künstler über die Anatomie des menschlichen Körpers hinweg. Die Körperachse läuft senkrecht vom Kopf bis zum rechten Fuß; das linke Bein ist eine Fußlänge vorangesetzt, und trotzdem berührt die linke Fußsohle den Boden. Um dies zu ermöglichen, hat der Bildhauer das linke gegenüber dem rechten Bein verlängert. Thomas Mann findet für dieses zu seiner Zeit von der Kunstgeschichte nicht erkannte Phänomen die zutreffende Formulierung:

Im Gehen stehend und gehend im Stehen.

Das ist es: den Augenblick vor einer wirklichen Bewegung zu treffen, die Spannung vor der Auslösung des Schritts zu gestalten, nicht Aktion, sondern Aktionsbereitschaft darzustellen. Die Aufgabe dieses Statuentypus ist es, die Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers für die Ewigkeit zu bewahren. Der Dargestellte ist bereit auszuschreiten, zuzupacken, aber seine Handlung hat noch nicht stattgefunden. Dieses noch nicht, diese Erwartungshaltung ist das eigentliche Bildmotiv, das den Dargestellten seit vier Jahrtausenden und für kommende Jahrtausende lebendig hält.