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Totenbuch

Mit etwa 50.000 Texten ist die Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin eines der größten Archive antiker Schriftquellen weltweit. Aus der Zeit um 1150 vor Christus stammt das in kursiven Hieroglyphen, in Hieratisch, auf eine lange Papyrusrolle geschriebene Totenbuch, dessen Sprüche durch kleine Zeichnungen, so genannte Vignetten, illustriert sind. Die nahezu 200 Sprüche des Totenbuchs handeln von der Verwandlung des Menschen in ein unsterbliches Wesen. Betrachten Sie das farbige Bild ganz links. Es zeigt ein zentrales Motiv: das Jenseitsgericht, bei dem - hier in der Mitte zu sehen - das Herz des Verstorbenen gegen das Zeichen der Gerechtigkeit auf einer Balkenwaage aufgewogen wird. Vor dem Totenrichter Osiris legt der Verstorbene das negative Sündenbekenntnis ab:

"Ich habe das Unrecht abgewehrt und habe nicht gegen Menschen gesündigt.
Ich habe nicht an der Stätte der Gerechtigkeit gelogen.
Ich kenne nichts Böses und tue nichts Schlechtes.
Ich verrichte(te) die tägliche Arbeit, die mir auferlegt war.
Ich habe nichts getan, was der Gott verabscheut.
Ich habe keinen Diener bei seinem Vorgesetzten schlecht gemacht.
Ich habe niemanden hungern lassen.
Ich habe niemanden zum Weinen gebracht.
Ich habe nicht getötet und nicht zu töten befohlen.
Ich habe niemandem Schmerz zugefügt.
Ich habe keine Frau vergewaltigt und nicht Unzucht getrieben im Tempel.
Ich habe den Scheffel nicht vergrößert und die Elle nicht verkleinert.
Ich habe die Gewichte der Balkenwaage nicht zu schwer gemacht und den Zeiger der Standwaage nicht aus dem Gleichgewicht gebracht.
Ich habe die Milch nicht vom Munde des Säuglings geraubt.
Ich habe das Kleinvieh nicht von der Weide vertrieben.
Ich habe das Geflügel der Götter nicht ins Netz gejagt und habe das Überschwemmungswasser nicht abgesperrt.
Ich habe den Termin der Opfergaben nicht überschritten.
Ich habe keinen Gott bei seinen Prozessionen gehindert."

Alltägliche und kultische Pflichten verflechten sich zu einem Katalog von Verhaltensregeln, nach denen der Mensch vor dem Totenrichter beurteilt werden wird. Scheitert er, so wird ihn die Seelenfresserin - links auf dem Podest - verschlingen, ein Untier, das sich aus Löwe, Nilpferd und Krokodil zusammensetzt. Besteht er das Totengericht, so tritt er in das Gefilde der Seligen ein.